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Die Namenlosen. Hintergründe

Foto: © Julia Fuchs

DIE NAMENLOSEN. VERFOLGT IN HAMBURG

Deutschlandpremiere: 10.08.2023
Weitere Vorstellungen: 11.–13., 15.–19., 22.–26. August 2023
In Koproduktion mit dem Internationalen Sommerfestival Kampnagel.
Basierend auf der Koproduktion mit brut Wien.
Mit freundlicher Unterstützung von Berthold Leibinger Stiftung, Hamburgische Kulturstiftung, Österreichisches Kulturforum Berlin.

Besonderer Dank an Christoph Anders, Ari Ban, Miriam Hie & Peter Hörmanseder (Tonaufnahmen), Georg Klüver-Pfandtner (Frisuren-Coaching), die Freund*innen von Nesterval (insbesondere Andrea & Valerie Lenk, Andreas Kauba, Gerhard Mariarcher, Martin Hinterndorfer und Michael Marker) sowie Nikolaus Vogler (PHKV Rechtsanwälte), René Lipkovich (SLT Siart Lipkowvich & Team) und Simon Schultz (Cultural Education/Hamburg).

Stückbeschreibung
So aufregend kann Theater sein: Die preisgekrönte immersive Wiener Theatergruppe bespielt drei Wochen die Kakaospeicher-Halle in der Hafencity. | Die queere Volkstheater-Guerilla Nesterval macht Theater für Menschen, denen Theater eigentlich zu langweilig ist. Mit immersiven Settings und der Bespielung von leerstehenden Gebäuden involviert die Wiener Theatergruppe ihr Publikum unmittelbar und macht Theater zum Erlebnis mit Suchtfaktor. In ihrer Heimatstadt Wien sind ihre Stücke innerhalb von Minuten ausverkauft, und auch ihre dreiwöchige Übernahme des Uebel & Gefährlich Clubs beim Sommerfestival 2021 wurde zum Publikumsrenner mit Warteschlangen. Nun kommt das 25-köpfige Team zurück nach Hamburg und zeigt während des gesamten Festivals ein Theaterstück auf knapp 2000qm des ehemaligen Speicherschuppen im Baakenhöft in der Hafencity. Wie in anderen Nesterval Arbeiten setzt sich die Gruppe mit der jüngeren Geschichte auseinander und widmet sich nun einem dringenden Thema: der systematischen Verfolgung und Ermordung homosexueller und trans Menschen durch die Nationalsozialisten – in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Deportationsstelle Hannoverscher Bahnhof im heutigen Lohsepark. In 25 Räumen und über drei Stunden taucht das Publikum ein in eine imaginäre Welt auf der Grundlage realer Biografien, gerät in einen Strudel aus Fiktion und Wirklichkeit, um schließlich in der Kantine einer imaginären Porzellanfabrik bei einem Varieté-Programm zu landen. Dort begegnen sich Mitglieder der Nesterval-Familie, Fabrikarbeiter*innen und Nachbar*innen. Denn nachts, so heißt es, werde die Firmenkantine zu einer inoffiziellen Kneipe für Menschen außerhalb der heterosexuellen Norm – und zum Zentrum eines nachwirkenden Theaterabends.

#NIEMALS VERGESSEN

Begleitend zum Stück bietet Cultural Educator Simon Schultz einen Stadtrundgang zur Verfolgung queerer Menschen in Hamburg zur Zeit des Nationalsozialismus an. Besucht werden Schauplätze der Verfolgung queerer Menschen im Nationalsozialismus, man erfährt mehr über das faschistische Unterdrückungssystem, und auch die Opfer der Verfolgung werden zu Wort kommen. Der Stadtspaziergang verbindet die Erzählungen aus der NS-Zeit mit Einblicken in die Wirtschaftsgeschichte der Hansestadt.
Genaue Informationen dazu gibt es hier.


INHALTSVERZEICHNIS

ENSEMBLE

Die Namenlosen (alle Fotos: © Alexandra Thompson für Nesterval 2023)

Die Anderen (alle Fotos: © Alexandra Thompson für Nesterval 2023)

Anna Binder
Rita Brandneulinger

Arthur Nesterval
Johannes Scheutz

Dietrich Wagner
Sven Diestel

Eduard Glück
Gellert Gerson Butter

Karl Seiringer
Martin Walanka

Lotte Glück
Laura Hermann

Martha Nesterval
Aston Matters

Paul Lopek
Lorenz Tröbinger

Pfarrer Köck
Peter Kraus

Traudl Jungmann
Julia Fuchs

Viktor Eckardt
Alkis Vlassakakis

Inspizienz
Maria Laura Athanasiadis/Sabine Anders | Fräulein Ilse Sabine Anders | Herr Gotthold Sebastian Kieberl

Kantine
Vivian (Host) Géraldine Schabraque | Frances (Co-Host) Sarah Plochl / Chris Pfannebecker


LEADING TEAM

Künstlerische Leitung / Regie Martin Finnland | Buch Teresa Löfberg | Co-Autor*innen Gisa Fellerer, Martin Finnland, Lorenz Tröbinger | Co-Konzept, Anträge & Archiv Martin Walanka | Co-Regie Lorenz Tröbinger | Bühnenbild Andrea Konrad | Choreographie Marcelo Doño

Dramaturgie Tove Grün | Produktion Sabine Anders | Set-Bau Konzeption Andreas Holzmann (Vienna Decoration Company) und Walter Winkelmüller | Set-Bau Hamburg Internationales Sommerfestival Kampnagel | Kostümbild Dritan Kosovrasti | Komposition Julian Muldoon | Song-Texte/Gesang Sarah Muldoon | Sounddesign Lorenz Tröbinger, Alkis Vlassakakis | Musikkuratierung & Video Alkis Vlassakakis | Technik Internationales Sommerfestival Kampnagel

Mitarbeit Stückentwicklung Gisa Fellerer | Wissenschaftliche Mitarbeit Andreas Brunner, Hannes Sulzenbacher (beide: QWIEN), Jürgen Pettinger | Consulting Magie Raphael Macho | Set- & Portraitfotos Julia Fuchs | Team Ausstattung Mona Ackerl, Internationales Sommerfestival Kampnagel | Requisite Willy Mutzenbacher | Abendspielleitung Kantine Peter Kraus | Trailer Lorenz Tröbinger | Grafik Rita Brandneulinger | Website Gisa Fellerer | Social Media Christopher Wurmdobler | Fotografie Alexandra Thompson | Regieassistenz Laura Athanasiadis | Kooperationen (Wien) Lukas Kirisits | Buchhaltung & Office Doris Panzer

Redaktion Hintergründe Gisa Fellerer, Tove Grün


HINTERGRÜNDE

EIN AUSZUG AUS DER VERGANGENHEIT 

Die Geschichte …

Die Geschichte der Familie Nesterval

1871 § 175 findet Einzug ins Strafgesetzbuch des Deutschen Reichs: „Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen…“ Er sollte bis 1994 bestehen bleiben. 

Johann Nesterval (1880–1963) macht während der beiden Kriege Geld mit Amüsierstätten an der Reeperbahn. Das Berühmteste ist das Tanzcafé „Budd’n‘brook“ der Familie Nesterval, das 1915 eröffnet wird. 

1918–1933 Auch in der Weimarer Republik bleibt die gesellschaftliche und strafrechtliche Benachteiligung von Homosexuellen bestimmend, wenngleich sich Homosexuelle organisieren dürfen und die Pressezensur 1918 aufgehoben wird. § 175 bleibt dennoch bestehen. Adolf Hitler wird 1921 Vorsitzender der „Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei“ (NSDAP). 

Mit der Unterzeichnung der Handelsverträge mit Darwin (Northern Territory) 1922 sind die Produkte der Porzellanmanufaktur Nesterval nun auf allen Kontinenten erhältlich. Das Teeservice „Mondschein“ wird ein Verkaufsschlager in den Vereinigten Staaten. Um die Transportwege zu verkürzen und billiger zu machen, wird eine Zweigstelle in Hamburg eröffnet. Kontakt zu Johann Nesterval wird vermieden, da der Ruf dieses Familienzweiges für Cosima Nesterval, die die Geschäfte von Wien bzw. Salzburg aus leitet, nicht adäquat ist.

1933 Adolf Hitler wird zum deutschen Reichskanzler ernannt. Noch im selben Jahr werden die meisten Homosexuellenlokale geschlossen und alle Homosexuellenorganisationen verboten. Anders war die Situation in Hamburg. Hier blieben die meisten Lokale – sofern sie noch Kundschaft hatten – bis 1936 geöffnet. 

„Ich lebte schon seit Jahren mit meiner Freundin zusammen. Manchmal munkelten die Leute: ‚Haben die was zusammen?‘ Als das Dritte Reich ‚ausbrach‘ hieß es dann bösartig: ‚Die haben doch was zusammen!‘ Da waren die Hauswarte und Blockwarte, die in unser Privatleben ‚hineinleuchteten‘ und Meldungen erstatten sollten.“ Zitat einer Berliner Modezeichnerin. Quelle: Claudia Schoppmann, Zeit der Maskierung. Lebensgeschichten lesbischer Frauen im „Dritten Reich“, Berlin 1993, S. 15.

1934 Die systematische Verfolgung Homosexueller beginnt mit dem so genannten „Röhm-Putsch“.

Magda Nesterval entsendet 1934 ihre Mutter Martha, um das Geschäft in Deutschland näher zu beobachten, nachdem der (jüdische) Geschäftsführer Hamburg „überraschend“ verlassen hat. Martha ist mit ihrem Mann Arthur aus Berchtesgaden nun nach Hamburg gezogen. Er hat die arisierte Ordination eines jüdischen Arztes übernommen und die beiden haben sich schnell in die High Society von Hamburg eingelebt. Ein treuer Vorarbeiter aus Wien, Eduard Glück, kommt mit seiner Familie mit nach Hamburg. Martha erkennt schnell, dass nicht nur jüdische Menschen verfolgt werden, sondern auch jene mit homosexuellen Neigungen. Sie möchte gut machen, was ihre Familie bei den Jüdinnen und Juden verabsäumt hat. Während ihre Tochter Magda überzeugte Nationalsozialistin ist, steht Martha dem NS-Regime mehr als kritisch gegenüber – und sie versucht im Untergrund, in der Kantine ihrer Fabrik einen „anderen Hafen“ zu schaffen – einen sicheren Hafen … Unter den Homosexuellen spricht sich der neue Ort schnell herum, vor allem, weil die Verfolgung zunimmt.
Die Kantine steht auch im Zentrum unserer Geschichte. Während die Belegschaft hier tagsüber zum Mittagstisch zusammentrifft, erwacht dieser Ort nachts zu einem ganz anderen Leben. Hier finden sich die Namenlosen zu geheimen konspirativen Treffen – oder auch mal zu beschwingten Tanzabenden – ein.
Es kommen Homosexuelle aus ganz Deutschland und sogar aus Österreich nach Hamburg, um in der Kantine zu feiern. Manche bleiben auch …

1935 Es erfolgt eine Verschärfung des § 175 und damit ein entscheidender Wendepunkt bei der Verfolgung Homosexueller: „Unzucht unter Männern“ überhaupt, auch einfachste oder vermutete Liebesbekundungen, wie Blickkontakte oder Liebesbriefe, werden straffähig und darüber hinaus droht Zuchthaus bis zu zehn Jahren für „schwere Fälle“. Mit § 175a wird zudem ein neuer Strafparagraf kreiert, und homosexuelle Vergewaltigung, der Missbrauch von Abhängigkeitsverhältnissen, männliche Prostitution und Handlungen zwischen Erwachsenen und Jugendlichen unter 21 Jahren werden unter Strafe gestellt. Dagegen führt man keinen vergleichbaren Paragrafen zum Schutz weiblicher Jugendlicher ein. 

„Im Januar 1935 erhielt ich dann jedoch eine Vorladung zur Kriminalpolizei. Der Hintergrund war Folgender: Zu meinem Bekanntenkreis gehörte auch der jüdische Geschäftsmann Dr. Obermayer in Würzburg, ein gebildeter Mensch, in dessen Wohnzimmer 20 Originalzeichnungen von Käthe Kollwitz hingen. Bei dem war nun eine Fotosammlung von nackten jungen Männern gefunden worden. Der Dr. Obermayer war genauso ratlos wie ich gewesen und hatte auf jedem Foto feinsäuberlich Namen und Anschrift des Betreffenden notiert. Ein Foto von mir war auch dabei gewesen. Nach der Vernehmung dachte ich, ich könnte nun wieder nach Hause gehen. Aber da sagte der vernehmende Beamte nur: Sie bleiben hier!“ Albrecht Becker (1906–2002) war Szenenbildner und leidenschaftlicher Fotograf. Quelle: Lutz van Dijk, Einsam war ich nie. Schwule unter dem Hakenkreuz 1933–1945, Berlin 2003, S. 35.

1936 Aus einem Teil des Berliner Gestapo-Sonderkommandos wird die „Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und der Abtreibung”. Damit entmachtete die Gestapo auch in Hamburg das bisher zuständige Dezernat der Kriminalpolizei. Polizeistreifen meldeten die aufgegriffenen Homosexuellen an die Reichszentrale.

1937 Heinrich Himmler erläutert die Ideologie zum Thema Homosexualität vor Gruppenführern. Er machte auch aus den Homosexuellen „Staatsfeinde“. 

1938 Österreich wird in das nationalsozialistische Deutsche Reich eingegliedert („Anschluss“).

1939 Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September durch einen Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen (Ein Auszug aus Hitlers bekannter Rede mit den Worten „Seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen!“ wird im Stück verwendet). Neben den zirka 16 800 Hamburger Wehrpflichtigen, die im Mai 1939 eingezogen worden waren, mussten Zehntausende von Reservisten zur Wehrmacht einrücken. 

Unsere Geschichte über acht namenlose Charaktere, die nur mit einem einzelnen Buchstaben benannt werden, beginnt am 1. März 1939. Namenlos sind sie, weil kein einziger Charakter ausschließlich auf einem Schicksal einer realen homosexuellen Person in der Zeit des Nationalsozialismus basiert, sondern für zahlreiche Biographien steht. Im Verlauf des Stückes verschwinden die Namenlosen nach und nach – sei es durch Abreise oder Tod … Und es gibt natürlich auch „die Anderen“, elf ebenso auf den Geschehnissen jener Zeit basierenden Personen, mit denen die Namenlosen in unterschiedlichster Weise mehr oder minder freiwillig oder familiär verbunden sind. Der „Schwulenjäger“ Kommissar Karl Seiringer wird aufgrund seiner Erfolge bei der Verfolgung von Homosexuellen in Wien nach Hamburg versetzt, um auch hier seine Taktiken und Verhörmethoden anzuwenden. Ihm zur Seite steht seine Sekretärin Traudl JungmannMartha Nesterval, nach außen treue Nationalsozialistin, soll ihren Neffen S., ein begeisterter Hitlerjunge aus Wien, unter die Fittiche nehmen. Ihr Gatte Arthur Nesterval, ein systemtreuer Arzt, soll den jungen Mann von seiner „träumerischen Art“ heilen. Viktor Eckardt reist aus Berlin an, um in Hamburg nach seinem verschollenen Sohn Heinrich zu suchen. Dieser hat sich als Fräulein K. eine neue Identität zugelegt und arbeitet als Verkäuferin in der Boutique von C. Sie ist die Erste, die polizeilich verfolgt wird, muss daher untertauchen und findet erst Unterschlupf bei G., die sie im Hinterzimmer der Kantine versteckt. Die regimetreue Anna Binder aus Wien betreibt eine Pension, in der Obersturmbannführer Dietrich WagnerViktor Eckardt und W., ein Swing-Bubi und Freund des guten Lebens, eingemietet sind. Die Theaterschauspielerin G. „handelt“ mit Pervitin und arbeitet offiziell als „Buchhalterin“ in der Kantine, in der die geheimen Partys der Namenlosen stattfinden, die sie leidenschaftlich organisiert. Sie ist mit der Filmdiva R. liiert, die wiederum in einer glücklichen Josefsehe mit dem Fotografen F. lebt. Wobei … Josefsehe? Der Ehe ist eine Tochter entsprungen, Maria, die – wenn die Mutter mit Dreharbeiten oder Affären beschäftigt ist, in die Kantine geschickt wird … P., der Sohn von Eduard Glück und Bruder von Lotte, ist mit W. liiert. Lotte hingegen ist ein begeistertes BDM-Mädel und mit dem Blockleiteranwärter Paul Lopek verlobt, der möglichst schnell im NS-Regime aufsteigen will. Der katholische Pfarrer Eduard Köck hat es sich – im Auftrag von Martha Nesterval – zur Aufgabe gemacht, die Geschichten der Homosexuellen aufzuschreiben – bis zum bitteren Ende. Und jemand muss diese Geschichten festhalten, denn die Situation für die Namenlosen wird immer gefährlicher, dazu kommt auch noch der Kriegsausbruch.

1940 Heinrich Himmler ordnet an, dass „alle Homosexuellen, die mehr als einen Partner verführt haben, nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis in politische Vorbeugehaft zu nehmen“ sind. Dies bedeutet, dass jene – Verdächtige oder Denunzierte – in Konzentrationslagern inhaftiert werden. Dort werden sie auch mit einem rosa Stoffwinkel gekennzeichnet, wobei man nicht gesichert weiß, wann diese Zeichen eingeführt wurden. Jüdische Inhaftierte bekommen gelbe und politische Gefangene rote – schwarze Winkel tragen die sogenannten „asozialen“ Insassen.
Von den befürchteten Luftangriffen bleibt Hamburg nach Kriegsbeginn noch acht Monate lang verschont. Erst in der Nacht vom 17. auf den 18. Mai 1940 fallen zum ersten Mal Bomben auf die Stadt. Die Metropole an der Elbe wurde ein bevorzugtes Ziel in der britischen Luftkriegsplanung. Es existieren nur für weniger als 3% der Einwohner*innen genügend sichere Schutzbauten. In dasselbe Jahr fällt ein erster großer Schlag des NS-Regimes gegen die Hamburger Swing Jugend. 

„Ich habe mich nie als ‚Opfer‘ betrachtet, sondern immer als ‚Kämpferin‘.“ Hilde Radusch (1903–1994) war eine deutsche Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus, kommunistische und sozialdemokratische Politikerin, Frauenrechtlerin und lesbische Aktivistin. Quelle: Claudia Schoppmann, Zeit der Maskierung. Lebensgeschichten lesbischer Frauen im „Dritten Reich“, Berlin 1993, S. 41.

1941 „Führer-Erlass“: Homosexuelle Handlungen seien in der SS und der Polizei „ohne Rücksicht auf das Lebensalter“ mit dem Tode zu bestrafen. Von Hamburg aus werden etwa 1.000 Jüdinnen und Juden nach Minsk deportiert. Insgesamt verschleppten die Nazis rund 8.000 Juden, Jüdinnen, Sinti und Roma aus Hamburg. Am Hannoverschen Bahnhof (heutige HafenCity) werden sie in Züge gedrängt. 

Martha Nesterval ist sich sicher, dass sie etwas gegen dieses Regime tun muss und schmuggelt mit der Hilfe ihres Vorarbeiters Eduard Glück systemkritische Flugzettel in den Kisten der nationalen und internationalen Porzellanlieferungen. W. kommt aus der Untersuchungshaft zurück. F. wird verhaftet und unter Folter verhört. Namen, Namen und noch mehr Namen werden von den Beamten aus den gequälten Körpern der Verdächtigten herausgepresst. R. bekommt von Obersturmbannführer Wagner ein unmoralisches Angebot. K. wird von R. verraten, anschließend verhaftet und deportiert. Offiziell wird sie an einer Lungenentzündung im Konzentrationslager sterben. Viktor Eckardt geht nach dem Tod seines Sohnes Heinrich zurück nach Berlin. P. wird festgenommen, inhaftiert und hingerichtet durch das Fallbeil. Und langsam wird die Situation sogar für G. Prekär, dabei war sie doch immer so vorsichtig …  

„Während wir am Boden kauernd hantierten, sah ich von der Seite das graue, müde Profil dieser Frau, die sich stumm über den Rucksack beugte. Das rechtlose Ausgeliefertsein dieses Menschen an eine brutale Macht griff mir in diesem Augenblick überwältigend ans Herz. Plötzlich hörte ich eine Stimme. ‚Das darfst du nicht zulassen‘, sagte es irgendwoher ... Ich griff nach der Hand von Lilli. ‚Schluß damit, räum das Zeug weg, das ist alles unsinnig, du gehst heute Abend nicht dorthin zurück, du bleibst bei mir jetzt und weiterhin.‘ Unbeschreiblich und unvergesslich der Ausdruck des Gesichtes, das sich mir voll zuwandte. Die fassungslos aufgerissenen Augen, der sprachlose Mund, unter Tränen ein verunglücktes Lächeln ...“ Dorothea Neff (1903–1986) versteckte von 1941 bis 1945 ihre jüdische Freundin in ihrer Wiener Wohnung. Quelle: Peter Kunze, Dorothea Neff. Mut zum Leben, Wien 1983, S. 93–94.

1943 Im Juli starten die Alliierten massive Luftangriffe auf Hamburg. Sie beginnen in der Nacht zum 25. Juli und lösen ein Inferno aus. Im Feuersturm sterben Zehntausende Menschen („Operation Gomorrha“). 

Eduard Glück begeht Suizid nach der Todesnachricht von seinem Sohn P. F. wird verhaftet und später im Konzentrationslager ermordet. W. wird wegen Diebstahl verhaftet und als „Politischer“ verurteilt, er wird im Konzentrationslager ermordet. G. kommt aus politischen Gründen ins Konzentrationslager und wird dort ermordet. Arthur Nesterval wird eingezogen und kommt auf dem Weg zur Front bei einem Bombenangriff ums Leben. C. wird verhaftet und später von einem Soldaten der Wehrmacht im Park erschossen. Paul Lopek wird an die Front nach Russland einberufen. Lotte, die nun auch die Gefahr des NS-Regimes erkennt, geht nun nach Polen, um eine jüdische Kindheitsfreundin zu suchen. R. flieht nach Caracas. Obersturmbannführer Dietrich Wagner will mit Traudl Jungmann nach Südamerika fliehen. S. wird verhaftet und als Kanonenfutter an die Front geschickt.
Am Ende des Stückes erwachen manche aus ihrem Rausch und ihrem Wahn, andere wenden sich der Quelle der Verblendung ab oder schließen einfach ganz fest ihre Augen, werden ihre Rollen tauschen und weiterleben, doch alle stehen sie vor Ruinen – ihrer Häuser, ihrer Leben, ihrer Hoffnungen. Schließlich: Der Friedhof, als Sehnsuchtsort für jene Entscheidungen, die man nicht getroffen hat, als Erinnerungsort an jene, die bis heute namenlos geblieben sind, als Mahnmal gegen das Vergessen wird in Nebel getaucht.

„Bei der Polizei habe ich vielleicht viel gesagt. Beim Sondergericht wurde ich wegen Unzucht wider die Natur in 18 Fällen zum Tode verurteilt, obwohl ich nur mit 5 Männern zu tun hatte. Ich wurde auch wegen Erpressung verurteilt und habe gar nicht erpresst. Ich wurde bereits einmal wegen Unzucht zu einem Jahr verurteilt. Jetzt kostet es mich das Leben. Ich muss mit 21 Jahren sterben für Sachen, die ich gar nicht begangen habe.“ Franz Doms, Landgericht Wien (Zeugenaussage), 10. November 1943, aus: Jürgen Pettinger, Franz. Schwul unterm Hakenkreuz, Wien 2021, S. 163.

1945 Das Deutsche historische Museum und andere Quellen berichten heute von allein 50.000 Männern, die zwischen 1933 und dem Kriegsende im Mai 1945 nach § 175 verurteilt wurden. Laut Antidiskriminierungsstelle des Bundes liegen allerdings keine genauen Zahlen vor.

Anna Binder, Martha Nesterval und Pfarrer Eduard Köck gehen zurück nach Wien.
Karl Seiringer macht weiter Karriere – nun wieder bei der Polizei. 

„Ich mag es nicht, wenn über uns Schwule immer nur Trauergeschichten erzählt werden. Ich bin für meine Homosexualität mehr als einmal blutig geschlagen worden, aber es ist doch mehr als absurd, dass ein so wertvolles Gefühl wie Liebe überhaupt bestraft wird. Ich kann sagen, ich hatte deshalb nie Schuldgefühle oder gar Minderwertigkeitskomplexe. Warum denn? “ Friedrich-Paul von Großheim (1906–2006) war ein deutscher Kaufmann und wurde aufgrund seiner politischen Einstellung und seiner Homosexualität verfolgt. Quelle: Lutz van Dijk, Einsam war ich nie. Schwule unter dem Hakenkreuz 1933–1945, Berlin 2003, S. 21.

Am Ende des Stückes erwachen manche aus ihrem Rausch und ihrem Wahn, andere wenden sich der Quelle der Verblendung ab oder schließen einfach ganz fest ihre Augen, werden ihre Rollen tauschen und weiterleben, doch alle stehen sie vor Ruinen – ihrer Häuser, ihrer Leben, ihrer Hoffnungen. Schließlich: Der Friedhof – als Sehnsuchtsort für jene Entscheidungen, die man nicht getroffen hat, als Erinnerungsort an jene, die bis heute namenlos geblieben sind, als Mahnmal gegen das Vergessen – wird in Nebel getaucht.

1969 In der BRD werden homosexuelle Beziehungen zwischen erwachsenen Männern straffrei. Der reformierte § 175 bestraft weiter Männer über 18 Jahre, die mit Männern unter 21 Jahre sexuelle Kontakte hatten. In der Bundesrepublik wurden zirka 50.000 Männer zwischen 1950 und 1969 verurteilt.

1971 „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ des jungen Filmemachers Rosa von Praunheim wird im deutschen Fernsehen ausgestrahlt. Erste schwule und lesbische Aktionsgruppen und Initiativen entstehen.

1973 Es erfolgt eine Ergänzung zur Reform des § 175: Sexuelle Kontakte zwischen Männern über 18 Jahre wurden einheitlich straffrei waren.

1981 Das Auftreten der Immunschwächekrankheit Aids und vermehrte rechtsextreme und nationalistische Strömungen führen zu Übergriffen auf Homosexuelle.  

1989 In der damaligen DDR wird der bis dahin noch bestehende Sonderparagraph für Homosexuelle abgeschafft.

1990 Im vereinten Deutschland bleibt der § 175 noch weiter bestehen, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nicht. 

1994 Der § 175 wird offiziell abgeschafft in Deutschland. Es gibt vor dem Gesetz keinen Sonderparagraphen gegen Homosexuelle mehr. Von 1969 bis zur Streichung des Gesetzes wurden nochmals rund 3.500 Menschen verurteilt.

1995 Ein Antrag, den § 175 als „nationalsozialistisches Unrecht“ anzuerkennen und damit eine großzügigere Entschädigung für NS-Opfer zu ermöglichen, wird abgelehnt. V.a. Historikerin Claudia Schoppmann publiziert zur Geschichte homosexueller Frauen und zeigt, dass Lesben ebenfalls in der NS-Zeit verfolgt wurden, wenn auch nicht nach Gesetz und im gleichen Umfang wie Männer. 

1997 Amnesty International veröffentlicht einen Bericht, nach dem in neun Ländern der Welt die Todesstrafe bei Homosexualität besteht, in vielen Ländern mehrjährige bis lebenslange Haftstrafen und in noch mehr Ländern Überfälle auf lesbische Frauen und homosexuelle Männer mit Duldung oder auch Unterstützung offizieller Stellen wie zum Beispiel der Polizei stattfinden.

1998 Homosexuelle Frauen und Männer können ihre Partnerschaften in mehreren europäischen Ländern wie etwa Dänemark und den Niederlanden offiziell anerkennen (und so auch schützen) lassen, entsprechende Initiativen werden in einigen Bundesländern Deutschlands (u. a. in Hamburg und Nordrhein-Westfalen) eingebracht. 

2000 Die rot-grüne Bundesregierung legt in Deutschland einen ersten Gesetzentwurf zur Anerkennung homosexueller Partnerschaften vor.

2002 Der Bundestag hebt die während der Zeit des Nationalsozialismus ergangenen Urteile auf. 

2017 Alle Urteile auch nach 1945 werden aufgehoben. Vorausgegangen war ein Gutachten im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, das feststellte, dass eine Aufhebung der Urteile verfassungsrechtlich geboten sei. Einführung der „Ehe für alle“ und der eingetragenen Partnerschaft – auch für Homosexuelle.

STATUS QUO. GEGENWART UND ZUKUNFT

2023 In der Gedenkstunde im deutschen Bundestag zum Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslager Auschwitz-Birkenaulegt legt man zum ersten Mal den Fokus auf die verfolgten sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas: „NIE WIEDER gilt selbstverständlich auch für die sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten.“ Der Schauspieler Jannik Schümann trägt einen Text über Karl Gorath vor, der 1934 zum ersten Mal nach  § 175 verurteilt wurde.

2023 In 66 Staaten wird Homosexualität noch strafrechtlich verfolgt, in 12 Ländern droht sogar die Todesstrafe für Lesben und Schwule. Manche davon setzen die Todesstrafe auch teilweise um: Iran, Nigeria, Saudi Arabien, Somalia, Jemen. Eine rechtliche Möglichkeit ist die Todesstrafe auch in Afghanistan, Brunei, Mauritius, Katar, Pakistan, Uganda und in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Vielerorts sind staatliche Behörden an der Unterdrückung von LSBTIQ* beteiligt, verweigern ihnen jeglichen Schutz vor Anfeindungen und Gewalt. (Quelle: lsvd.de)

2023 In Uganda gilt die Todesstrafe für „schwere Homosexualität“ – sexuelle Beziehungen, an denen mit HIV infizierte Personen beteiligt sind. Gleiches gilt für Sex mit Minderjährigen und anderen als gefährdet eingestuften Personen. „Versuchte schwere Homosexualität“ kann mit bis zu 14 Jahren Haft geahndet werden. Personen oder Gruppen, die sich für homosexuelle Personen einsetzen, wie etwa Aktivist*innen oder Vereine, können mit bis zu 20 Jahren Haft bestraft werden.

2023 Die Wiener Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) will Drag-Queen-Shows für Kinder verbieten. 

2023 Die Meloni-Regierung in Italien schränkt LGBT-Rechte ein.  

2023 US-Gouverneur Ron DeSantis will Unterricht über sexuelle Orientierung verbieten. 

2023 Florida schränkt die Rechte von trans Menschen ein: Der US-Bundesstaat Florida verschärft seine Anti-Trans-Gesetze. Ein Gesetz gegen geschlechtsangleichende Behandlungen bei Minderjährigen wurde bereits im Mai gebilligt, und Gouverneur Ron DeSantis plant noch weitere Einschränkungen  

2023 Redeverbot für die Transgender-Abgeordnete Zooey Zephyr in den USA: Die Demokratin hat das Verbot geschlechtsangleichender Maßnahmen bei Jugendlichen harsch kritisiert. (Quelle)

Verwendete Literatur
Lutz von Dijk, Verdammt starke Liebe. Die wahre Geschichte von Stefan K. und Willi G., Berlin 2015. 
Lutz van Dijk, Einsam war ich nie. Schwule unter dem Hakenkreuz 1933–1945, Berlin 20174.Lutz van Dijk, „Ein erfülltes Leben – trotzdem …“. Erinnerungen Homosexueller 1933–1945, Reinbek bei Hamburg 1992.
Ursula Büttner, Hamburg im Zweiten Weltkrieg, online abrufbar unter https://geschichtsbuch.hamburg.de/epochen/nationalsozialismus/– zuletzt abgerufen am 29.07.2023.  
Bernhard Rosenkranz, Gottfried Lorenz: Hamburg auf anderen Wegen. Die Geschichte des schwulen Lebens in der Hansestadt, Hamburg 2005.
Claudia Schoppmann, Zeit der Maskierung. Lebensgeschichten lesbischer Frauen im „Dritten Reich“, Berlin 1993.
Zur Hamburger Geschichte auf der Website des NDR: https://www.ndr.de/geschichte/schauplaetze/Hamburger-Geschichte,hamburgergeschichte103.html – zuletzt abgerufen am 29.07.2023. 
Zur Familiengeschichte der (fiktiven) Familie Nesterval: https://nestervalporzellan.webnode.at/

Quellenangabe der im Stück verwendeten Reden
Prolog: Rede Himmlers vor Gruppenführern zum Thema Homosexualität (18.2.1937) aus: Bradley F. Smith/Agnes F. Peterson, Heinrich Himmler Geheimreden 1933 bis 1945 und andere Ansprachen, Ludwigsburg 1974, S. 93–104 (Auszug). Weiters: Hitlers Rede vor dem Deutschen Reichstag am 1. September 1939 aus: https://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt2_n4_bsb00000613_00046.html – zuletzt abgerufen am 16.04.2023.


INFORMATION IN ENGLISH

NESTERVAL. DIE NAMENLOSEN. VERFOLGT IN HAMBURG | THE NAMELESS. PURSUED IN HAMBURG
English information

RULES

  • Today, you have the unique opportunity to become the thoughts and fantasies in the minds of the characters you follow. You don’t have to do anything except follow them. But beware: Your thoughts themselves can speak their mind, but they cannot directly interfere with reality.
  • In the beginning, it is important to follow only one character for as long as you can. However, you can and should switch to other characters later on.
  • Only change rooms if you are following a character! Reason: Without a character, you cannot exist. This is important: You may never walk around the rooms alone – ONLY in the company of one of the characters. Whenever a character exits a room, there is a leap in time, spanning days or even years.
  • We recommend to experience this evening on your own. You may be separated from your group at any point. Who knows who you might encounter alone?
  • You will be immersed in a world that no longer exists today and one that never existed in exactly this way before. Many things may be disturbing. And although not everything is based on the facts of a single person, it is not contrived either.
  • If you find that you are overwhelmed, you can always retreat to the canteen where Frances, Maria, and Vivian will take care of you. You can return to the play at any time and follow another character. Maria will accompany you back into the play, because, after all, you shouldn’t be wandering around the factory halls alone.
  • In the factory halls, you will find Frau Ilse and Herr Gotthold, who will be there for you if you have any questions.
  • Mr. Tom at the bar will be serving drinks, but you may only consume them in the canteen! Drinks are strictly forbidden in the factory halls.
  • Remember: you don’t have to do anything … just wander, or even become entangled … in the story … of the nameless.

GENERAL INFORMATION

Our story includes and revolves around seven „nameless“ characters, whose names are only one letter. Nameless, because no single character is based exclusively on the fate of one homosexual person, but represents numerous biographies. In the course of the play, they will disappear sooner or later (just like other characters) – be it by departure or death. Out of 19 characters at the beginning of the play, only six characters will still be performing at the end. Individual „appearances“ of dead characters, however, will occur until the end of the play.

The heart of the play is the canteen of the Nesterval porcelain factory in the Baaken harbor. This is where the characters attend secret meetings. The canteen will also serve as a real bar (in Hall 1) and is a safe space that will be continuously supervised by two hosts. Here you can have a drink and take a break from the events of the play. Generally, no major dialogue takes place in the canteen (these take place mainly in our play area (Hall 2)), but there are ongoing performances by the hosts and/or actors*.

CHARACTERS

Of the Nesterval characters, we first meet Martha Nesterval, a 42-year-old woman, in Hamburg on behalf of her daughter (the staunch National Socialist, Magda Nesterval) to formally oversee the family business there. She is married for the second time to the cruel doctor Arthur Nesterval and looks after her nephew, S. The latter is a staunch National Socialist at the beginning of the play but will change his view of the regime through his aunt’s influence in the course of the play.

His friends include the two factory employees, W. and P. While W. obviously belongs to the „Schlurfs“ (swing boys), P. lives a gay, but proletarian life with his father Eduard Glück and his sister Lotte. Mr. Glück struggles not only with stomach cramps but also with being the father of a „fairy“ and a BDM („League of German Girls)“ leader (Lotte). Lotte tries to cover for her brother, but also wants to hold onto her values. These are strengthened by her fiancé (and later block leader) Paul Lopek. The latter, like Lotte, does not belong to the nameless. Among the nameless are also the famous (lesbian) actress R. and her husband, the gay F., who earns his money as a former travel and now portrait photographer, as well as G., R.’s lover, who also worked as an actress before the war. G., in turn, meets K., a trans employee of the gay boutique owner, C. And this is also where misfortune soon begins, when K.’s father, Viktor Eckhardt, arrives in Hamburg to look for his „son“.

And of course, there are also „the others“ in the harbor district. There is the „gay hunter“ Kommissar Seiringer with his secretary, Traudl Jungmann, Oberstummbannführer Dietrich Wagner, and the nosy boarding house landlady Anna Binder – and in the midst of them all – the liberal priest Köck. Seiringer has made it his goal to render the district of Hamburg-Mitte „gay free“ through various means: on the one hand by interrogations (as was customary with the Gestapo), but also by lurid actions in bathhouses (as he had done in Vienna).

SPEECHES USED IN THE PLAY

Prologue: At the beginning of the play, you will hear dubbed excerpts of a speech Heinrich Himmler gave to group leaders on the subject of homosexuality (Feb. 18, 1937) from: Bradley F. Smith/Agnes F. Peterson, Heinrich Himmler Geheimreden 1933 bis 1945 und andere Ansprachen, Ludwigsburg 1974, pp. 93-104 (excerpt).
Himmler does not describe homosexuality as a private matter but sees in it the life and death of the nation and a mental illness because a nation that has many children has the right to world power and world domination. He suggests that arrested homosexuals should be taken to a concentration camp after serving their designated sentence or shot while escaping.
As the play continues: During his Reichstag speech at the start of the war on September 1, 1939, Adolf Hitler repeatedly thunders to frenetic applause. He justifies the invasion of Poland with an alleged Polish attack on the Gleiwitz station in Silesia. Now they are „firing back“. In fact, the German SS staged the attack to provide an excuse to invade Poland. This had been planned for some time. In his speech, Hitler returns to his perennial theme: the ignominy of the surrender after World War I and the Treaty of Versailles – saying that something like this should never be repeated. In the speech, Hitler also announces the pact concluded with Josef Stalin a week earlier. Since Soviet Russia did not intend to export its doctrine to Germany, there is no longer any reason for conflict. Both sides have come to realize that any struggle against each other would only benefit others. At the beginning of the recording, Reichstag President Hermann Göring greets the deputies. An excerpt of this speech is used in the play.
Transcript (German): https://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt2_n4_bsb00000613_00046.html – last accessed 08/03/2023.

SPOILER ALERT (the following synopsis contains the main events of the play!)
Please consider: Even if you do not speak German, you may still understand quite well what is going on.
IF you still want to know the details in advance, you can continue reading at your own risk!

After a period of getting to know each other and still living a dissolute and beautiful life, the stories begin to interweave. When the photographer F. is arrested, his wife, R., reveals the hiding place of K. in order to get her husband released. K. is arrested and murdered. Her father leaves disappointed and unreconciled. The mood becomes more restless, and the outbreak of war further clouds the atmosphere. P. is also caught and disappears. When F. accidentally makes a pass at a „normal“ person (Dr. Arthur Nesterval), there is no way to save him either.

Broken by the loss of his son, P., Eduard Glück dies. Time marches on, and when the bombs fall in 1944, it is blow after blow. Despite W., who is now castrated, and G. disappearing, Arthur and Lopek are eventually enlisted, albeit belatedly. Lotte, who has become more and more estranged from Lopek, decides to look for a long-forgotten Jewish friend in Poland. When the timid and always cautious C. is finally denounced as well, R. decides to flee. But the war is turning. Wagner realizes that the Germans are not going to win and flees as well.

What remains are Seiringer and his secretary, Traudl Jungmann, who proudly look back on their successful work, the nosy neighbor Anna Binder, who shows remorse after her denunciation, and Martha with her nephew, S. Against Martha’s advice, the latter does not flee with R. and is thus arrested by Seiringer in the end. Father Köck, who, as he has done with all the other nameless people, stands by him in his last hour before S. is also killed. Martha takes the last guests with her and leads them to the last place of the nameless.